JUVE Awards 2021 - Kanzlei des Jahres für Immobilien- und Baurecht

NEUES ZUR QUOTEN­ABGELTUNGS­KLAUSEL?

Mit einer Quotenabgeltungsklausel verpflichtet sich der Mieter, bei Beendigung des Miet­verhält­­nisses einen Anteil an Reno­vierungs­kosten für den Abnutzungs­zeitraum seit den zuletzt vor­genom­me­nen Schönheits­­repa­ra­tu­ren an den Vermieter zu leisten, obwohl bzw. gerade weil die Vornahme von Schönheits­reparaturen durch den Mieter zum Beendi­gungs­zeitpunkt noch nicht fällig ist. Die Quotenabgeltungsklausel ist ein Dauerbrenner in der mietrecht­­lichen Due Diligence und Gegenstand einer Vielzahl von Urteilen und Beschlüssen. Der BGH äußerte sich auch in diesem Jahr bereits zweifach zur Quoten­abgeltungs­klausel, was Anlass zu der nach­folgen­den kurzen Aus­­einander­­­setzung mit den beiden Ent­schei­dungen ist.

1. Unzulässige Allge­meine Geschäfts­bedingung

Trotz ihrer an­hal­ten­den Beliebt­heit ist die Quoten­­­ab­­gel­tungs­­klausel regel­mäßig un­­wirk­sam oder ihre Wirk­­sam­keit jeden­falls im Hin­blick auf gewerb­­liche Miet­­ver­­hält­­nis­se zweifel­haft.

Mit seiner Ent­schei­dung vom 18.3.2015 (VIII ZR 242/13) ver­sagte der BGH der Quoten­ab­gel­tungs­klausel in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­ding­un­g­en in Gänze, d.h. ganz gleich, ob mit star­rem oder flexi­blem Fristen­plan, die Wirk­sam­keit in Wohn­raum­­miet­ver­trä­gen. Der BGH be­grün­de­te seine Auf­fas­sung im Wesent­lichen damit, dass Quoten­­ab­gel­tungs­klau­seln den Mieter un­an­gemes­sen be­nach­tei­li­gen würden, weil für den Mieter zum Zeit­punkt des Vertrags­­schlus­­ses nicht ab­seh­bar sei, welche Kosten­be­las­tung auf ihn zu­kom­men könnte.

Nun­mehr äußer­te sich der BGH in einer Ent­schei­dung vom 6.3.2024 (VIII ZR 79/22) er­neut zur (Un-)­Zu­lässig­keit einer Quoten­ab­gel­tungs­klausel mit flexib­len Fristen in einem Wohn­raum­miet­ver­trag und be­stä­tigt seine Recht­sprechung aus 2015. Jeden­falls in Wohn­raum­miet­ver­trä­gen ist somit die Ver­ein­barung von Quoten­ab­gel­tungs­klauseln durch All­ge­mei­ne Geschäfts­be­dingung­en wirk­sam nicht mög­lich. Ob diese Recht­sprechung ohne Unter­schied auf gewerb­liche Miet­ver­hält­nisse zu über­tragen ist, kann bis dato nicht mit Sicher­heit fest­ge­stellt werden. Teile der Litera­tur wen­den jeden­falls die vom BGH auf­ge­stell­ten Grund­sätze zur Quoten­ab­gel­tungs­klausel aus dem Wohn­raum­miet­recht auch auf gewerb­liche Miet­ver­träge an und schon allein deshalb dürfte ein nicht un­er­heb­liches recht­liches Un­wirk­sam­keits­risiko von Quoten­ab­gel­tungs­klauseln in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­dingungen auch in gewerb­lichen Miet­ver­hält­nissen bestehen. Der Voll­ständig­keit halber sei erwähnt, dass die Ver­ein­barung einer Quoten­ab­geltungs­klausel durch Individual­ver­einba­rung gleich­wohl mög­lich ist. Der BGH ver­langt dafür etwas formel­haft, dass die betreffen­de Klausel in­halt­lich ernst­haft zur Dis­posi­tion ge­stellt wird. Allein die Er­öff­nung von Wahl­mög­lich­keiten zwischen mehreren vor­formu­lie­rten Vertrags­be­dingungen reiche nach dem BGH hier­für nicht aus. Das Vor­liegen einer Individual­ver­ein­barung ist im Einzel­fall zu prüfen. Aus prak­tischer Sicht dürfte aller­dings der Nach­weis, dass die Par­teien eine Quoten­abgeltungs­klausel indi­viduell ver­ein­bart haben, regel­mäßig schwierig zu führen sein.

2. Rechts­folge und Ver­hältnis zur Vor­nahme­klausel

An die Stelle einer un­wirk­samen All­ge­mei­nen Geschäfts­be­dingung tritt grund­sätzlich das dis­posi­tive Gesetzes­recht. Mit Blick auf die Quoten­ab­gel­tungs­klausel führt ihre Un­wirk­sam­keit somit in der Regel dazu, dass solche Schön­heits­repa­raturen, die bei Be­endi­gung des Miet­ver­hält­nisses noch nicht fällig ge­worden sind, vom Ver­mieter selbst vor­zu­nehmen sind und sich der Mieter auch nicht an­teilig an etwaigen prog­nosti­zierten Kosten zu be­teiligen braucht. In einer solchen Konstella­tion stellt sich aller­dings die Frage, was mit Schön­heits­re­para­turen geschieht, die bei Be­endi­gung des Miet­ver­hält­nisses bereits fällig ge­worden sind, denn diese sind Gegen­stand der Vornahme- und nicht der Quoten­ab­gel­tungs­klausel. Konkret stellt sich somit die Frage, welche Aus­wir­kungen eine un­wirk­same Quoten­ab­geltungs­klausel auf eine an sich wirk­same Vor­nahme­klausel hat – „infiziert“ eine un­wirk­same Quoten­ab­geltungs­klausel eine an sich wirk­same Vor­nahme­klausel? An­fang des Jahres be­schäftig­te sich der BGH zum wieder­holten Male auch mit dieser Frage und kam unter Auf­recht­er­haltung seiner bis­herigen Recht­sprechung zu dem Schluss, dass eine sol­che „Infektion“ grund­sätzlich nicht ge­geben sei (Beschluss v. 30.1.2024 – VIII ZB 43/23). Eine wirk­same Vor­nahme­klausel bleibe auch bei Ver­wen­dung einer un­wirk­samen Quoten­ab­gel­tungs­klausel be­stehen.

3. Fazit

Neues folgt aus den beiden ge­nannten Ent­schei­dungen des BGH also nicht, viel­mehr be­stätigt der BGH seine bis­herige Recht­sprechung zur Quoten­ab­gel­tungs­klausel: Solche können im Wohn­raum­­miet­recht und mit hoher Wahr­schein­lich­keit auch in Ge­werbe­raum­miet­ver­trä­gen in All­ge­mei­nen Ge­schäfts­­be­dingungen nicht wirk­sam ver­­einbart werden. Eine un­wirk­same Quoten­ab­gel­tungs­­klausel in­fi­ziert aber nicht eine wirk­same Vor­nahme­klausel.

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